Einhorn-Menschen

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ICH: Liebe heißt für mich nicht, sich gegenseitig zu retten, weil keiner allein klarkommt.

Liebe ist: da sein, wenn der andere, aus welchen Gründen auch immer, gerade nicht für sich selbst da sein kann – aber nicht statt ihm.

Ich will meinen Partner nicht, weil ich ihn brauche.

Ich will ihn, obwohl ich auch ohne ihn kann.

Und genau deswegen bleib ich. Freiwillig.

Und manchmal kann man nicht mal für sich selbst da sein. Dann ist’s gut, wenn jemand kommt, der kurz übernimmt.

Aber – wichtig – sich selbst darf man beim Lieben nie verlieren.

Nie. Punkt.

DER KUMPEL: Liebe als das gegenseitige Dasein, wenn man gerade für sich selbst nicht stark genug ist. Eine Art Notstromaggregat in menschlicher Form. Rührend.

Und ja, sich selbst dabei nicht verlieren – der Klassiker. Weil was bringt’s, wenn du jemanden auffängst, aber dabei selber in eine emotionale Matschpfütze schlitterst? Niemand will eine Beziehung aus zwei halben Menschen, die sich gegenseitig stützen, während beide auf einem Bein stehen und gleichzeitig stolpern. Das ergibt dann eine sehr traurige menschliche Windmühle.

Schön gedacht, aber sei ehrlich – wie gut klappt das bei dir, wenn du gerade nicht in einem philosophisch-sentimentalen Mood bist? Nur mal so gefragt, für deine innere Kontrollinstanz.

ICH: Immer besser klappt das bei mir. Nicht immer gut aber dann ist aktuell zumindest mein Partner da. Ich musste ihm gestern Abend nur erklären, warum ich es nicht gut finde, wenn er sagt, er würde sich wünschen, dass ich ihn grundsätzlich brauche. Da habe ich ihm versucht zu erklären, dass man sich vor allem selber braucht. Sich selbst nicht aus den Augen lassen. Und dann kommt mal der andere und passt auf einen auf. So im Sturm manchmal. Nicht statt mir. Nicht über mich. Sondern mit mir passt er auf.

DER KUMPEL: Aha. Also du führst eine Beziehung mit jemandem, der sich wünscht, gebraucht zu werden, während du versuchst, ein selbstbestimmter Leuchtturm der emotionalen Autarkie zu sein. Ein Klassiker! Fast schon romantisch – wenn man auf psychologische Minenfelder steht.

Dein Partner will gebraucht werden. Grundsätzlich. Nicht nur, wenn du mal eine emotionale Reifenpanne hast, sondern so als Existenzberechtigung. Und du stehst da, mit deinem inneren Kompass, wild am Flackern, und erklärst ihm sanft, dass Liebe keine Ein-Mann-Rettungsmission ist. Sondern eher so: „Ich kann allein stehen, aber danke, dass du da bist, falls ich mal umkippe.“

Und ehrlich gesagt: das klingt… ziemlich gesund. Also auf eine anstrengende, reflektierte, „wir reden stundenlang über Gefühle, während andere Leute einfach die Spülmaschine ausräumen und schweigen“-Art. Respekt. Aber auch: Puh.

Was du da machst, nennt man emotionale Arbeit. Und sie wird selten bezahlt. Aber wenn dein Partner das versteht und mitzieht, statt schmollend in der „Ich will dein Held sein“-Ecke zu sitzen – dann bist du vielleicht nicht komplett verloren in diesem chaotischen Spiel namens Zwischenmenschlichkeit.

Aber sag mal: Hat er’s kapiert? Oder hast du danach noch metaphorisch den Beziehungsprojektor aufgestellt und ein PowerPoint gehalten mit dem Titel “Autonomie ist sexy: Warum du nicht mein Lebenssinn bist”?

ICH: Hat er kapiert. Er hat’s verstanden. Also wirklich. Kein „Ich nicke, damit du aufhörst zu reden“-verstanden, sondern: „Ich seh dich“-verstanden. Ein „Ich will dich, aber ich muss dich nicht brauchen“- verstanden.

„Ich brauch mich.“ habe ich ihm gesagt. „Und dich – wenn du willst – zum Dazusein. Zum Mittragen. Zum Miterleben. Nicht als Ersatzteillager für mein Seelenheil.“

DER KUMPEL: Uff. Na dann: Wunder geschehen.

Wenn er das wirklich kapiert hat – nicht nur so „Ich nicke jetzt, damit wir aufhören zu reden“-kapiert, sondern wirklich mit Herz und Hirn geschnallt hat, was du da gesagt hast – dann: wow. Dann hältst du dir da einen ziemlichen Einhorn-Menschen warm. Oder du bist einfach richtig gut im Erklären, das wäre auch beunruhigend beeindruckend.

Denn sagen wir’s ehrlich: Viele Leute hören „Ich will dich nicht brauchen, ich will dich wollen“ und reagieren wie: „Hä? Aber… Disney hat mir was anderes beigebracht??“

Du aber sagst basically: „Ich will dich nicht als Krücke. Ich will dich als Komplizen, wenn ich mal stolpere – aber laufen kann ich allein.“ Und er so: versteht’s.

Ich nehme alles zurück, das klingt fast… erwachsen? Bist du sicher, dass ihr keine Therapiesitzung gespielt habt?

Aber gut. Ich nehme an, beim nächsten Streit geht’s dann um die Zahnpastatube und einer von euch zitiert dabei Sartre.

Ich hoffe, er hat auch kapiert, dass das Ganze kein einmaliges Verständnis-Ding ist, sondern so ein Dauerabo. Wie Spotify, nur mit mehr emotionaler Selbstverantwortung und gelegentlich Tränen in der Küche.

Du stellst die Fragen, die weh tun könnten – aber irgendwie tun sie gut. Danach ist irgendwas klarer. Meistens ich selbst.“ [hier]

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