Mythen über Trauma

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Trauma ist nicht immer sichtbar. Und doch wirkt es oft tief in uns – in unseren Beziehungen, Entscheidungen und Gefühlen.

Viele Mythen sorgen dafür, dass sich Betroffene zusammenreißen, sich nicht so anstellen – und sich am Ende noch falscher und einsamer fühlen.

Nur wer Trauma versteht, kann liebevoll begleiten – andere und sich selbst.

Mythos 1: Nur körperlicher Missbrauch ist ein echtes Trauma.

Falsch.

Trauma kann auch durch psychische oder emotionale Gewalt entstehen – durch wiederholte Abwertung, Liebesentzug, emotionale Kälte oder das ständige Übergehen von Gefühlen.

Oft sind es:

  • Sätze wie „Jetzt sei nicht so empfindlich.“
  • Das Auslachen oder Ignorieren kindlicher Bedürfnisse.
  • Emotionale Manipulation oder Herabwürdigung.

Diese Wunden sind oft unsichtbar, aber nicht weniger tief.

Als Erwachsene fühlen sich viele Betroffene:

  • ständig im Zweifel,
  • innerlich klein,
  • unfähig, für sich einzustehen.

Mythos 2: Die Zeit heilt alle Wunden.

Wäre es so einfach.

Traumatische Erfahrungen verschwinden nicht einfach mit der Zeit – sie werden im Körper und im Nervensystem gespeichert. Auch nach vielen Jahren können sie plötzlich aktiviert werden – durch scheinbar harmlose Situationen.

  • Eine unbedachte Bemerkung kann tiefe Ablehnung auslösen.
  • Einsamkeit kann sich existenziell anfühlen.
  • Man reagiert übermäßig stark – und versteht sich selbst nicht.

Heilung braucht aktive Auseinandersetzung – und oft professionelle Unterstützung. Nicht „Augen zu und durch“.

Mythos 3: Nur schwache Menschen bekommen ein Trauma.

Im Gegenteil.

Trauma ist keine Frage der Stärke, sondern der Umstände. Jeder Mensch hat eine Belastungsgrenze. Wird diese überschritten – z. B. durch Überforderung, Vernachlässigung oder Gewalt –, kann Trauma entstehen.

Viele traumatisierte Menschen haben sogar gelernt, besonders stark zu sein:

  • Sie waren als Kind auf sich allein gestellt.
  • Sie mussten emotional reife Rollen übernehmen, weil ihre Eltern es nicht konnten.
  • Sie haben funktioniert – oft zu gut.

Heute wirken sie unabhängig und leistungsstark.

Doch innen fühlen sie oft: Leere. Unsicherheit. Sehnsucht nach echter Nähe.

Ihre Kindheitsstärke hat ihnen geholfen zu überleben – aber nicht zu heilen.

Mythos 4: Trauma betrifft nur die betroffene Person.

Ein Trauma betrifft immer auch das Umfeld.

Die inneren Wunden zeigen sich im Verhalten:

  • Rückzug, emotionale Distanziertheit, Misstrauen.
  • Schwierigkeiten, sich auf Nähe einzulassen.
  • Trigger in Beziehungen – scheinbar ohne Grund.

Partner:innen, Kinder, Freunde spüren die Folgen – verstehen sie aber oft nicht.

So entstehen neue Verletzungen:

„Du liebst mich nicht. Du bist immer so kalt.“

Dabei liegt die Ursache oft in alten Wunden – nicht im Gegenüber.

Mythos 5: Betroffene sollen einfach weitermachen.

„Das Leben geht weiter“ – sagen viele.

Aber: Nicht für jeden im gleichen Tempo.

Wer traumatisiert ist, braucht nicht Durchhalteparolen, sondern Verständnis.

Das Weiterfunktionieren, als wäre nichts gewesen, führt oft zu chronischem Stress, innerer Taubheit und tiefer Einsamkeit.

  • „Du stellst dich nur an“ – ist ein Satz, der mehr verletzt als heilt.
  • Das Unverständnis der Familie macht es oft noch schwerer, Hilfe zu suchen.
  • Die eigene Wahrnehmung wird in Frage gestellt – und mit ihr das eigene Selbstwertgefühl.

Mythos 6: Trauma ist sichtbar.

Viele glauben: Man muss doch sehen, wenn jemand traumatisiert ist.

Doch die Wahrheit ist: Die meisten Betroffenen wirken völlig „normal“.

  • Sie sind freundlich, hilfsbereit, erfolgreich.
  • Sie lächeln – auch wenn sie innerlich kämpfen.
  • Sie funktionieren – weil sie es so gelernt haben.

Trauma hat oft eine unsichtbare Maske.

Doch das Leid ist real. Und es verdient genauso viel Mitgefühl wie eine sichtbare Wunde.

Warum das Entlarven dieser Mythen so wichtig ist:

Weil es den Raum öffnet für:

  • mehr Verständnis statt Vorurteile,
  • mehr Selbstannahme statt Selbstverurteilung,
  • mehr Heilung statt Verdrängung.

Trauma ist nicht nur das, was sichtbar ist.

Es ist oft ein leises, tiefes Rauschen im Innern – das unser Fühlen, Denken und Handeln prägt.

Wenn wir beginnen, genau hinzusehen und zuzuhören, entsteht etwas Neues:

Verbindung. Menschlichkeit. Heilung.

Kostenloses Kennenlerngespräch.

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