Das Schlimmste an meiner Kündigung war die Wahl eines neuen Handy-Vertrages, da der ehemalige Arbeitgeber den bisherigen spendiert hatte.
Das Kündigen meines Beschäftigungsverhältnisses war weniger aufregend, als das Mich-davon-zu-überzeugen-es-zu-tun. Die Gewohnheit, das Leben in Sicherheit zu verbringen, zu brechen. Die Zone des Komforts zu verlassen und sich für das Dahinter zu entscheiden. Das war zumindest für einen Moment entgegen meiner Sicherheitsgewohnheiten. Am Abend der Entscheidungsfindung, hätte ich mich sogar gerne vor Aufregung übergeben. Ich konnte nicht.
EIN KAMPFBERICHT:
Ich hätte das Gefühl gerne schon vor drei Jahren durchstanden: Das Gefühl, mein Verhältnis zum Arbeitgeber besser zu kündigen. Aus diversen Gründen.
Das Gefühl bestand aber die Angst gewann damals über den Mut, der sich hinter der Bequemlichkeit verschanzt hatte.
Niemand mordet sein altes Leben, der kein Motiv dazu besitzt. Ich wusste nicht was ich wollte, außer wegzuwollen.
Ich blieb in der Firma die ich verlassen wollte. Statt zu gehen wechselte ich nur den Arbeitsplatz in München gegen einen anderen in gleicher Firma in Hamburg, von woher ich gekommen war.
Statt meinem Gefühl zu folgen zog ich um. Statt die Firma schon vor drei Jahren zu verlassen, ging ich in eine neue Abteilung, bekam andere Kollegen, verließ Freunde und erhielt dafür ein neues Gehalt.
Aus 2015 wurde 2018. Aus unserer 85qm Loft-Wohnung zum Preis von knapp 800 warm wurde eine 50qm Schanzen-Wohnung für 1.200 warm.
In Sicherheit zu leben – wie Mutter und Vater es beibrachten, hat seinen Preis.
Ich wollte weiter. Weiter als denken. Raus aus meinem Komfort und hinein in Unbekanntes.
Es ist nicht Angst die behindert. Es ist die eigene Gewohnheit, nicht weit davon entfernt die tägliche Bequemlichkeit.
In meinem Fall brach ich die Gewohnheit Jahre nicht zu kündigen. Tagtäglich ein Stück. Ein tagtäglicher Geschmack von Angst die mich wach machte, sich gut anfühlte. Die Lust, sich oder das Lebenskonzept zu hinterfragen, steigerte.
“Fear is a sign you are living your purpose.” – Darren Hardy.
Das Gewohnte macht keine Angst, eher das Unbekannte. Das Gewohnte macht keine Angst, so lang man nicht darüber nachdenkt. Im Gewohnten richten wir uns ein und stumpfen ab. Jahr für Jahr. Nie sofort aber letztendlich immer.
Denkt man nicht mehr darüber nach was man den Tag so tut, sei das ein Privileg, heißt es.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis des Neuen ist dem des Alten überlegen. Das Neue bietet Faszination, Auseinandersetzung, Unterhaltung, Wachstum neuer Fähigkeiten und sei es nur sich an Neues anzupassen und Flexibilität zu lernen. Wie neue Sprache, eine neue Wohnung, Bekanntschaft oder der BMW i3. Also habe ich mich entschieden meine Komfortzone dafür zu verlassen. Für das Neue.
Was mich hat kündigen lassen
Ich fragte mich zunehmend, was mein Beitrag zur Firma sei die mich beschäftigte. Eine tolle Firma. Inwieweit die Firma von mir profitierte, fragte ich. Inwieweit das Arbeitsverhältnis auf Notwendigkeit beruhte, wurde mir mehr und mehr unklar. Machte es Sinn, meine Zeit hier wirklich zu verbringen? Es gab Kollegen und Vorgesetzte, die mir Glauben machten, es sei notwendig. Das reichte tendenziell immer weniger, stellte ich fest.
Ich stellte außerdem fest, dass die Herausforderungen auf meinem Schreibtisch mich nicht mehr begeisterten. Das war weniger hart als es klingt. Ich hatte tolle Aufgaben, nennenswerte Gestaltungsmöglichkeiten.
Ich wollte die Firma an meinem Bauchgefühl teilhaben lassen – die Kündigung war nur eine folgerichtige Formalie. Die musste ich hierfür einleiten. Die Gehaltsentwicklung, tolle Kollegen oder das Karriere-Level waren für meine Entscheidungsfindung ab jetzt sekundär. Was war dann primär? Mein Hunger auf das was ich werden könnte.
Niemand ist auf Dauer befriedigt, dessen Hunger auf persönliche Entwicklung größer wird, als die, die der aktuelle Arbeitgeber ermöglicht — ob er könnte oder sogar will das man sich entwickelt.
Man hat immer zwei Optionen: Komfortzone oder Kampf. Wer jammert, hat in der Regel noch viel Komfort. Denn wer kämpft, jammert nicht. Wer kämpft hat ein Motiv. Nur wer kämpfte, erkennt den Sinn des Jammerns: Er ist eine Betäubung. Kämpfende Menschen sind motiviert, wegen ihres Motivs. Ich habe erst gejammert. Am Ende über mich. Das ich die Möglichkeiten nicht sah und es nicht wagte mir ein Motiv zu geben. Es war bequemer ganz ohne Motiv zu arbeiten und monatlich dafür entlohnt zu werden. Mein WARUM blieb unbeantwortet. Ich konnte das WAS meiner Arbeit erklären – was sich machte. Auch das WIE: Wie ich etwas machte, wenn ich jemandem erklärte, was ich machte, sprachen wir meist auch über das WIE ich es machte – das mit den StartUp-Beratungen, ‑Workshops, ‑Sparrings etc. Das wie erzählt man oft schon mit Stolz. Das ist immer schon interessanter als nur WAS man macht. Doch das WARUM wusste ich nicht. Warum ich bei news aktuell war, wusste ich an vielen Tagen während der Jahre. Am Ende ging es verschwunden. Als es mir auffiel verspürte ich erstmals wieder den Hunger auf Entwicklung. Ich wusste genau, dass news aktuell oder die dpa ihn nicht stillen würden.
“If you are not feeling motivated – you’re either not experiencing enough pain to change, or you’re not curious enough about the power of possibilities.” – Darren Hardy
Die dpa-Gruppe und ihre Tochter news aktuell haben mich ca. fünf Jahre in einer magnetischen Komfortzone vollbeschäftigt und mir in dieser Zeit eine Menge professionelle Entwicklung und berufliche Befriedigung ermöglich – und das ist weiß Gott kein Geld:
Vom Akademiker wurde ich zum Vertriebler, Business Developer, Projektmanager, Consultant für StartUps und (agiler) Prozessbegleiter. Das ich nebenher als Coach, Dozent, Interviewer, Moderator, Pitchtrainer, Sparringspartner, Speaker oder Workshopper von Gründerteams, Corporates, NGOs, Hochschulen, Co-Workingspaces oder Acceleratoren engagiert wurde, scheint ein Zeugnis für die in der dpa erworbenen Fähigkeiten. Auch waren die Außenengagements ein Zeugnis meines Hungers nach Entwicklung. Am Ende nahm ich Urlaub um dozieren zu können, gab Workshops an Wochenenden. Das ging alles gleichzeitig. Derweil in der Firma drei Entwicklerteams begleiten, Retrospektiven geben, Workshops, telefonische Coachings, Produktmanagement, … irgendwelche Dinge die mich in Summe zunächst befriedigten.
Ich kann nicht sagen, ich sei der Beste in jeder Disziplin, es läge mir fern – und außerdem, wer ist das schon? Ich kann sagen ich verstehe heute anders als vorher – dank meiner Vita – mehr über Zusammenhänge. Meine Sparrings, Vorträge oder Workshops handelten nie allein von einer Disziplin – sie durchleuchteten holistisch die Organisation auf Herz und Niere, auf Produkt, Vertrieb und Marketing mindestens. Ich gab meinem Profil diverse Namen. Heute nenne ich den Menschen den ich darstelle Strategie- und Business Developer. Der bleibe ich auch erstmal. Heute bin ich zwar noch nicht was ich werden möchte, das ist aber leider nie sofort erreichbar. Erst kommt immer Training. Erst ist man immer schwach. Erst muss man die Gewohnheit erkennen. Den Stillstand. Wenn man noch nicht sterben möchte.
Ich kenne die Arbeit im Vertrieb oder mit Kunden. Ich verstehe heute mehr Produkt und Kunde. Ich verstehe sogar das Feedback. Ich weiß wie man ein Produkt einführt – nämlich besser auch intern.
Ich durfte in meinen eigenen Workshops lernen woran Gründer scheitern, was sie erfolgreich macht und was ältere Unternehmen von jungen unterscheidet. Ich habe ein Sprachverständnis für die Kommunikation zwischen IT-lern und Normalsterblichen entwickeln können. Ich weiß wie man ex- und intern kommuniziert. Man könnte meinen ich wüsste es wirklich. Aber ich will nicht aufhören es zu verstehen – das Kommunizieren.
Viel habe ich bei news aktuell, in der dpa, in den Gründer- und IT-Teams über Menschen gelernt: Über Teamarbeit, Motivation, auch meine oder deren Gegenteil – Provision. Darüber wann wir zu lernen bereit sind. Das jeder anderen Schmerz empfindet. Das er vergehen kann.
Wie viel Schmerz wir aushalten!
Mit der Kommunikation steigt und fällt am Ende all das: jede Beziehung. Jeder einzelne Produktverkauf. Beziehungen zu Sponsoren, Investoren, Familie oder die Partnerschaft. Das habe ich gesehen, gespürt und glaube daran. Jeder hat seine Glaubenssätze, aus denen heraus wir die Welt sehen und also verstehen.
Man sagt: Wo es Konflikte gibt, wird zu wenig kommuniziert. Ich mag das lösen! L‑ö-s-e‑n. Eine so schöne Methodik: Etwas lösen. Kommunikation löst.
Konflikte die durch entweder große Egos entstehen oder vielleicht manchmal durch sich nicht legitimierte Hierarchien, durch Kollegen, Kunden, Konflikte die aus Eitelkeit oder Voreingenommenheit entstehen, jene aus Missverständnis und die schlimmsten: jene aus Komfort oder Bequemlichkeit. Die leichtesten sind die aus Unwissenheit. Kommunikation löst eigentlich alles. Ich kann sie nur unterschätzen. Und ich tue es oft.
Ich werde mich noch weiter damit auseinandersetzen, was news aktuell aus mir hat werden lassen. news aktuell ist Medienarbeit, ist PR-Branche, viele Bildschirme, Smartphones und Nachrichten-Feeds, Betriebsrat und Kollegen, will mutig sein, ist Durchwahlnummern, Mailkreise, Gewohnheiten und Pöseldorf an der Außenalster. Ich bin dankbar für das was ich geworden bin und das was ich nun mitnehmen kann – wohl einen brauchbaren Menschen und ein bisschen Pöseldorf. Man kommt als Weißbrot und hat das Gefühl als Roggenvollkornbrötchen zu gehen. Einmal durchgebacken. Die Schule ist beendet. Nächste.
Jetzt heißt es jährlichem Inflationsausgleich ade sagen. Gehab dich wohl Kantinen-Pommes mit Bratwurst! Baba Empfangs-Bio-Obstschale! Salü Intranet, tschö Moderationskoffer und Betriebsrat! Ich habe mir vorgenommen euch zu vermissen, wenn ich weiß was ich dafür bekomme euch loszulassen.
Mein nächster Arbeitsort steht fest: Hafencity, Osakaallee, gegenüber des Störtebeker Ufers, über Deutschlands größter Tiefgarage. Dort wo Beton blüht und Wind den Schiffsdiesel durch Häuserzeilen drückt gehe ich in die Projektleitung, helfe bei Prozess- und Struktur-Aufbau, bei Kommunikation und Strategie.
Das zukünftige Office ist ein Beta-Büro. Das zukünftige Unternehmen ist ein StartUp. Derzeit in einer Hafen-City-Wohnung. Weil das Unternehmen im Entstehen ist, mit ihm das Office. Wir arbeiten mit Vorstand und Geschäftsführung noch vom Esstisch aus, zudem ein „Kreativ-Team“ von Berlin aus, alle öfter auch von Zuhause aus. Die eigentlichen 3.000 qm Fläche folgen im Laufe des Jahres erst. Es wird um Wertevermittlung gehen.
Ein StartUp bedeutet in meinem Fall kein höhenverstellbarer Schreibtisch mehr, keine IT-Hotline, allwissende Empfangsdamen, keine hilfsbereiten Azubis, High End Interior in Besprechungszimmern, geschweige denn Raumplanungskalender.
Ein StartUp heißt kein Verlass auf bereits Gewonnenes.Kein Aussitzen von Entscheidungen. Tägliches Hinterfragen und Optimieren. Egal welche Position. Egal wie lange im Unternehmen. Egal wie gut man ist oder denkt zu sein. Ein StartUp bedeutet wohl auch, Verantwortungsträger helfen Menschen mit weniger Verantwortung, mehr Verantwortung zu übernehmen. Damit man insgesamt schneller und besser wird. Progress, we must come to understand, is more about the buttom than the top, schreibt Umair Haque.
Wir, zu denen ich alsbald gehöre, sind Menschen mit vielleicht mehr Leidenschaft als es sich altgewordene Mittelständler bekannter Maßen zu leisten pflegen. Wir werden Fehler machen, weil wir Neues aufbauen. In Summe sind wir Leidenschaft für ein gemeinsames Ziel.
Wo die neuen Stifte herkommen, wenn die alten leer sind – I don’t know. Apple-Rechner? iPhone? Bahncard? HVV? Meine ehemalige Geschäftsführerin sagte einmal, es gäbe eine Menge Annehmlichkeiten bei news aktuell. Häufig habe ich die für selbstverständlich gehalten oder besser: gar nicht mehr wahrgenommen. Wird es schwer darauf zu verzichten? Ich glaube nein! Habe ich es genossen? Ich denke ja!
Danke für die Zeit!
Erreichbar bin ich hier!
… because my Love is warmer than a chocolate box. – Johnny Osbourne