In München wähle ich eine Nummer, ich will eine Kundin sprechen. Wir kennen uns nicht. Eine Empfangsdame nimmt ab. Ich formuliere den Namen meiner Zielgesprächspartnerin und werde durchgestellt. Warteschlaufe. Was ich höre, fickt ernsthaft mein Ohr, mein Hirn.
Hastig schalte ich die Lautsprechanlage meines Telefons an und will “shazamen”, wie sonst stetig bei den Netflix-Serien auch, um den Song zu erkennen, ihn zu kaufen, ihn zu haben, zu besitzen. Es gibt viele Gründe sich zu wünschen das keiner abnimmt, wenn man jemanden anruft. Das Leben ist manchmal suspekt. Da nimmt Frau K. ab.
Ich vergesse meinen Namen, mich und die Etikette, mein Mund spricht ohne Gehirn “Verdammt, Sie sind zu früh!” Stille am anderen Ende. Ich füge hinzu “… jetzt haben Sie die Musik unterbrochen, was war d a s?” Ich mein, ich bin angespannt, arbeite an einer Musikrecherche, deren Erfolg davon abhängt, dass mich niemand unterbricht. Jetzt unterbricht mich eine Fremde.
Einen besseren Gesprächseinstieg hatte ich selten. Eine bessere Warteschlaufenmusik nie erlebt. Obgleich die Musik nun beendet ist, die Recherche, so denke ich, im Arsch, lockere ich mich und das andere Ende der Leitung mit einem lauten Lacher auf, verstörtes Lachen auch dort – sie weiß noch immer nicht wer ich bin –, “Übrigens, Holtz hier, Firma #newsaktuell.”
Frau K., sie ist Dienstälteste der Agentur, plötzlich ganz gestresst mit schuldiger Stimme: “… oh je, ich wusste mal was das für eine Musik ist, warten Sie, … ach ich weiß es nicht, ich sende Ihnen einen Link zum YouTube-Video. Ich kriege das raus.” Ich entspanne.
Ein Super-Gespräch folgt. Von wegen die Bayern, das konservative München, Dirndl und Weißwurst und das was der Norden so mutmaßt … kein Geschmack und erst recht keine Coolness … hört diese Musik! Diese Agentur kann so schlecht nicht sein.
Frau K. hat mir den YouTube-Link inzwischen gesendet. Das Lied ist schon gekauft und gibt es ab sofort in unserem Wohnzimmer.